Hesemann´s Blog

So endeten vier Tage, die uns alle erstaunten und unsere Wahrnehmung veränderten. Es besteht kein Zweifel: Die Deutschlandreise Benedikts XVI. war ein Ereignis, das es in jeder Hinsicht verdient hat, als „historisch“ bezeichnet zu werden. In einem wahren Marathonprogramm hat der 84jährige Papst so viele Steine ins Rollen gebracht, daß sie gemeinsam eine Lawine bilden, die unsere Lethargie unter sich begräbt. Etwas Großes zeichnet sich ab, nichts weniger nämlich als die Erneuerung der Kirche. 
Die größte Überraschung dieser Tage ist die Blamage der Papstgegner. Hatte zuvor eine antikirchliche Medien-Phalanx alles versucht, um den Besuch Benedikts XVI. schon im voraus totzuschreiben, zeigt sich jetzt, wie wenige sich davon beeindrucken ließen. Die Protestler, denen in den Wochen zuvor praktisch jedes mediale Forum geboten wurde, schafften es gerade einmal, ein paar tausend Berufsdemonstranten zu mobilisieren. Der Papst dagegen hatte 350.000 begeisterte Zuhörer, die oft größte Strapazen und kilometerlange Fußwege auf sich nahmen, um mit ihm die Schönheit des christlichen Glaubens neu zu entdecken. Plötzlich ging es nicht mehr um die Banalitäten, auf die ihre Kritiker die Kirche reduzieren möchten, sondern um so Großes wie die Vision einer Zukunft mit Gott. Selten ging in Deutschland dank medialer Dauerberichterstattung so viel Weises durch den Äther und die Druckerpressen wie in diesen vier Tagen in Deutschlands sonnendurchflutetem Herbst. Aus der „Generation Benedikt“ wurde eine „Revolution Benedikt“. 
Hat die Kirche in Deutschland also wieder eine Zukunft? Sie hat, soviel steht fest, aber nur mit diesem Papst! „Ubi Petrus, ibi Ecclesia“, lautet ein dem hl. Augustinus zugeschriebenes Wort, das der hl. Josefmaria ergänzte: „ibi deus“ – wo Petrus ist, da ist die Kirche, und da ist Gott. Benedikt XVI. aber erweitert die Gleichung durch ein viertes Element: ... und da ist Zukunft! Petrus, Kirche, Gott und Zukunft sind untrennbar miteinander verbunden, sie können gar nicht unabhängig voneinander existieren. Wenn sie dies erkennt, dann kann die Kirche zu sich selbst, zu ihren Wurzeln zurückfinden, kann sie geheilt und erneuert aus dem derzeitigen Umbruchprozeß hervorgehen. Er hat die Saat gelegt, deren Früchte es nunmehr zu ernten gilt!
Wer bislang vielleicht glaubte, mit Memoranden, Dialogen und dem Kurs in seichte Gewässer die Kirche retten zu können, erhielt eine deutliche Absage vom Papst, die nicht etwa autoritär klang, sondern schlichtweg überzeugte. Es bringt nichts, zu taktieren, es wird Zeit, endlich ernst zu machen, geht es doch um nicht weniger als den Primat Gottes in der Welt. Die Kirche von morgen wird eine Kirche des gelebten, unverfälschten Glaubens und der leidenschaftlichen Anbetung sein, oder sie wird nicht sein.
Denn nur wo Gott ist, da ist Zukunft!




Ansprache von Michael Hesemann
DpP-Kundgebung Karlsruhe
10.9.2011 


Liebe Freunde,
als die Kardinäle im April 2005 Papst Benedikt zum 265. Nachfolger des heiligen Petrus wählten, titelte Deutschlands größte Tageszeitung stolz: „Wir sind Papst!“. Und wer danach die Bilder aus Rom im Fernsehen oder auch live vor Ort verfolgte, der bekam etwas mit von der Freude und Begeisterung die damals herrschte, weil jeder ahnte, dass dieser kluge und demütige Mann der richtige war, um die Kirche durch die ersten Jahrzehnte des dritten Jahrtausends zu führen. Vier Monate später jubelte ihm über eine Million glücklicher Jugendlicher beim Weltjugendtag in Köln zu.
Wie ungebrochen die Begeisterung für diesen großen deutschen Papst ist, das durfte man erst vor drei Wochen wieder erleben, als ihn zwei Millionen Jugendliche euphorisch beim Weltjugendtag in Madrid empfingen, als er bei Wind und Wetter ausharrte, um mit ihnen zu beten. Doch wer in diesen Tagen nur die Nachrichten verfolgte, der bekam ein anderes Bild vermittelt. Da ging es dann eben nicht um diese zwei Millionen Weltjugendtagsbesucher, sondern vielmehr um ein paar hundert lautstarke und gewaltbereite Krawallmacher, die es dem Heiligen Vater verübelten, eben nicht den unbegrenzten Hedonismus, die Gier nach vordergründiger Befriedigung niederster Triebe, zu predigen, sondern die ewigen Werte des Evangeliums. Hier zwei Millionen, dort ein paar hundert, und man fragt sich, wo manche Medien ihre Prioritäten setzen.
Da entsteht schnell der Eindruck, dass Stimmung gemacht wird gegen den Papst, ein Eindruck, der sich schnell erhärtet, wenn etwa ein erfahrener SPIEGEL-Redakteur wie Matthias Matussek aus dem „Nähkästchen“ plaudert. Da weigerte sich doch der Chefredakteur dieses Nachrichtenmagazins, eine Rezension von Peter Seewalds Interviewbuch „Licht der Welt“ zu veröffentlichen, mit der Begründung, man habe gerade ein Dutzend Redakteure damit beauftragt, auf Biegen und Brechen dem Heiligen Vater eine Verbindung zum Missbrauchsskandal „nachzuweisen“. Auch Matussek war in Madrid, er hat sogar auf gewohnt brillante Weise regelmäßig auf „Spiegel online“ berichtet, nur im Heft durfte offenbar mal wieder nichts erscheinen.
Umso trauriger wäre es, wenn wir uns von dieser Meinungsmache beeinflussen ließen, deren Mechanismen übrigens mein Freund und Kollege Andrea Tornielli in seinem empfehlenswerten Buch „Der Papst im Gegenwind“ anschaulich dokumentiert. Und das gilt gerade in diesen Tagen umso mehr, wo wir voller Freude dem Besuch des Heiligen Vaters in seiner deutschen Heimat, ja sogar hier im Erzbistum Freiburg, entgegenfiebern.
Dennoch drohte auch hier wieder die germanische Kleingeisterei zu obsiegen. Es schien zeitweise so, als traute man dem Heiligen Vater hierzulande gar nicht zu, die Menschen zu begeistern. Da wollte man doch die Papstmesse in der Bundeshauptstadt Berlin zunächst in einer Gedenkstätte vor gerade einmal zweieinhalbtausend handverlesenen Gästen stattfinden lassen. Dann entschied man sich „mutig“ für das Schloss Charlottenburg, wo immerhin ganze 10.000 hinpassten. Erst als auch dort alles aus den Nähten zu platzen drohte, wagte man, das Olympiastadion anzumieten, dessen 70.000 Plätze recht schnell restlos vergeben waren.
Da zeigt sich, wie selbst die in der jüngeren deutschen Geschichte einmalige Medienkampagne gegen die Kirche, zu der die tragischen Missbrauchsfälle ja nur als Vorwand dienten – also instrumentalisiert und damit missbraucht wurden! – nur den lauesten der Lauen einen Vorwand lieferte, um „endlich“ die ungeliebte Kirchensteuer einzusparen. Forderungen nach Reformen, in denen gleich die priesterliche Nachfolge Christi und das ganze christliche Menschenbild samt seiner biblisch und naturgesetzlich begründeten Definition von Ehe und Sexualität „mal eben“ über Bord geworfen werden sollten – ich spreche vom berühmt-berüchtigten „Memorandum“! – erwiesen sich als letztes Röcheln einer gescheiterten Generation vor dem sicher wohlverdienten Ruhestand. Auf die 350 „Theologen und Theologinnen“ des Memorandums reagierten fast 14.000 kirchentreue Christen, indem sie die „Petition pro Ecclesia“ unterzeichneten. Und auch die vielen tausend Menschen, die in Köln, München oder hier in Karlsruhe zu den Kundgebungen von „Deutschland pro Papa“ strömen, belegen, wie gesund die katholische Basis doch noch ist.
„Wo Gott ist, da ist Zukunft“, lautet das Motto des Papstbesuches. „Ibi Petrus, ubi Ecclesia, ubi Deus“, sagte der heilige Josef-Maria in Anklang an ein Wort des heiligen Augustinus. Petrus, Kirche, Gott und Zukunft – diese vier Begriffe sind nicht voneinander zu trennen. Ohne Petrus keine Kirche, keine Vermittlung der Gnade Gottes, keine Zukunft!
Darum sagen wir hier und heute:
Willkommen in Deutschland, Heiliger Vater! Weisen Sie uns den Weg zu Gott, gehen Sie mit uns den Weg in eine bessere Zukunft, in der die Liebe die Gier und die Gleichgültigkeit ersetzt, die beide Auslöser unserer heutigen Krisen sind. Die Menschen sehnen sich nach echten Werten, nach Orientierung in der Krise, und diese Orientierung finden wir im Evangelium, das Papst Benedikt unserer Zeit in einer einmaligen Klarheit und Eleganz vermittelt.
Sie aber bitte ich: Bleiben Sie dem Heiligen Vater und unserer heiligen katholischen Kirche treu und wehren auch Sie sich gegen die Manipulation der öffentlichen Meinung, durch mutige Leserbriefe etwa oder durch ein beherztes Auftreten im Alltag, aber auch durch Ihre Teilnahme an Aktionen wie dieser! Auch dafür Ihnen allen wie den Veranstaltern dieser Kundgebung ein von Herzen kommendes Vergelt’s Gott!


"Zeige uns Christus, Heiliger Vater!" 













Die Formulierung, dass Jesus von Nazareth "das menschliche Antlitz Gottes" ist, spielt eine zentrale Rolle in der Theologie Benedikts XVI. Kein Papst vor ihm hat sich so fundiert auch mit den historischen Hintergründen der vier Evangelien befasst, wie der ehemalige Theologieprofessor, der an Deutschlands führenden Hochschulen gelehrt hat. So ist sein bislang zweibändiges Werk "Jesus von Nazareth" für die theologische Forschung des 3. Jahrtausends maßgeblich. Derzeit, so erfuhr ich aus dem Vatikan, schreibt er übrigens an einem dritten Band, der sich mit der Geburt und Kindheit Jesu befasst.
Umso mehr freute ich mich auf den Aschermittwoch des Jahres 2010, als mir eine Audienz bei Papst Benedikt gewährt wurde. Denn bei dieser Begegnung durfte ich ihm nicht nur mein Jesus-Buch "Jesus von Nazareth: Archäologen auf den Spuren des Erlösers" überreichen, sondern auch ein Bild, das nach Ansicht des forensischen Künstlers Prof. Juan Manuel Minarro von der Universität Sevilla das menschliche Antlitz Jesu zeigt - minutiös rekonstruiert auf der Grundlage des Abbildes auf dem Turiner Grabtuch. So entstand dieses Foto: Benedikt XVI. studiert aufmerksam das rekonstruierte Aussehen des historischen Jesus von Nazareth, während ich ihn bitte: "Zeige uns Christus, Heiliger Vater!"


„Benedikt XVI.“ von Angerer dem Jüngeren (2005)

 Der Papstmaler
In Traunstein, der „Vaterstadt“ Benedikts XVI., traf ich den „Papstmaler“ Walter Andreas Angerer (geb. 1940), der sich auch „Angerer der Jüngere“ nennt; schließlich ist er der jüngere Bruder des bekannten Bildhauers und Architekten Ludwig Valentin Angerer. Wie dieser gilt auch er als Vertreter eines „phantastischen Realismus“.
Ich gebe zu, ich hatte noch nicht von ihm gehört, doch das erwies sich bald als Bildungslücke. Aufmerksam geworden bin ich auf ihn durch eine Broschüre der Stadt Traunstein, die den Spuren des bayerischen Papstes in Traunstein und Surberg gewidmet ist. Die Rückseite schmückt ein Papstportrait, das so völlig anders ist als alles, was ich bisher in dieser Richtung gesehen habe: gleichermaßen realistisch wie abstrahiert, opulent in seiner Farbenpracht, doch dabei auf das Wesentliche reduziert, ja geradezu skizziert. Mild lächelnd schaut er scheu zur Seite, der Heilige Vater, so als sei er in Gedanken. Die Farbauswahl ist geradezu genial: Bayerisch weißblau ist der Kopf, die Gewänder dagegen sind in deutschem schwarz-rot-gold gehalten. Es wäre eigentlich das Bild zum Papstbesuch im Herbst; nur schade, dass es von den Veranstaltern noch keiner bemerkt hat.
Franz Haselbeck, der freundliche und hilfsbereite Stadtarchivar von Traunstein, verriet mir, dass der Künstler in Siegsdorf lebt, gleich an der „Ausfahrt Traunstein“ der Autobahn München-Salzburg. Ich rief ihn an, wir verabredeten uns in Traunstein, wo er eine kleine Galerie unterhält.
Als er dort eintraf, war mir der Mann mit der grauen Künstlermähne auf Anhieb sympathisch. Dass mir sein Name nicht bekannt war, muss wirklich als Bildungslücke gelten, wird er doch in Fachkreisen längst als der bekannteste und innovativste lebende Künstler des Freistaats gefeiert. Seine Werke sind weltweit ausgestellt worden, in Polen, Österreich und Deutschland hat man ihn mit renommierten Kunstpreisen ausgezeichnet. Für internationales Aufsehen sorgte seine Ende 2003 errichtete Skulptur „Adams Hand“ auf dem 1674 Meter hohen Rauschberg bei Ruhpolding, aus Stahl gefertigt, 7,5 Meter hoch. Sie weist nach Rom und zeugte schon damals von Angerers bayerisch-katholischer Lebenseinstellung.
So kam die Stadt Traunstein auf ihn zu, als sie 2005 ein Portrait des neugewählten Papstes in Auftrag gab. Das Originalgemälde wurde Benedikt XVI. am 7. September 2005 von einer Traunsteiner Delegation unter Leitung von Landrat Hermann Steinmaßl und Stadtpfarrer Sebastian Heindl persönlich überreicht, ein Siebdruck erschien in limitierter Auflage.
Das Thema faszinierte den Künstler. Schon bald errichtete er noch eine Papst Benedikt-Säule unweit von „Adams Hand“ auf dem Rauschberg, begann doch Joseph Ratzingers Weg nach Rom im Studienseminar von Traunstein. Sie trägt eine Schattenskulptur auf der Grundlage des Papstportraits. So wirft Benedikt XVI. auch in Zukunft seinen langen Schatten über die bayerische Heimat.